Veranstaltungsreihe „100 Jahre Wolgadeutsche Republik“
Im Jahr 2024 wird an den 100. Jahrestag der Gründung der Wolgadeutschen Republik erinnert,
eine der ambivalentesten Epochen in der Geschichte der Russlanddeutschen.
Die Republik, die auf einer Fläche von 25.000 km² etwa eine halbe Million Einwohner zählte, bestand vom 6. Januar 1924 bis zum 28. August 1941. Deutsch und Russisch dienten als Amtssprachen, und die Region war stark vom Ackerbau geprägt, weshalb sie als Kornkammer galt. In den 1920er- und frühen 1930er-Jahren führten die Kollektivierung und Enteignung der „Kulaken“ zu verheerenden Hungersnöten. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland gerieten die Sowjetdeutschen unter Verdacht, mit dem Deutschen Reich zu sympathisieren, was 1941 zur Auflösung der Republik führte. Rund 400.000 Wolgadeutsche wurden nach Sibirien und Kasachstan deportiert und sowohl ihres Eigentums als auch ihrer kulturellen und sprachlichen Entfaltungsmöglichkeiten beraubt. Dies markierte den Anfang vom Ende des fast 200-jährigen deutschen Kulturerbes in Russland. Viele Menschen überlebten diese Tortur nicht. Im Gegensatz zu anderen während des Krieges aufgelösten Autonomien wurde die der Wolgadeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wiederhergestellt.
Vielen Nachkommen der Russlanddeutschen gelang in den späteren Jahren der Sowjetunion und nach deren Zerfall die Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland, wo sie als Aussiedler bzw. Spätaussiedler anerkannt wurden.
Mit der Veranstaltungsreihe „100 Jahre Wolgadeutscher Republik“ möchten wir uns mit der Geschichte der Deutschen aus Russland auseinandersetzen und die Kenntnisse über ihre ehemaligen Herkunftsgebiete, Traditionen und Kultur vertiefen und verbreiten. Mit Fachvorträgen, Lesungen und Podiumsdiskussionen wird die Geschichte der Wolgadeutschen Republik lebendig gemacht. Sie war geprägt von kulturellen und gesellschaftlichen Höhepunkten, aber auch von dramatische wirtschaftliche und politische Umwälzungen im ganzen Land, die den Wolgadeutschen schon in den Friedenszeiten große Opfer abverlangten.
Desgleichen möchten wir das kulturelle Erbe der Deutschen aus Russland, das sie trotz Verfolgung und Nichtanerkennung behutsam pflegten, einem breiten Publikum zugänglich machen. Die Deutschen aus Russland besitzen eine einzigartige und facettenreiche Kulturtradition. Diese Vielseitigkeit möchten wir mit den Auftritten der russlanddeutschen Gesangs-, Tanz- und Theatergruppen sichtbar machen.
Das Ziel dieses Formates ist die breitenwirksame Vermittlung von Geschichte und Kultur der Deutschen aus Russland sowie die Herstellung des generationenübergreifenden Dialogs zwischen den Spätaussiedlern, Einheimischen und allen anderen in Deutschland lebenden Volksgruppen.
Eintritt kostenfrei
Moderiert von Natalie Paschenko
WEITERE TERMINE
19. November 2024 um 18:00 Uhr, Kulturcafe Groß-Gerau, Darmstädter Str. 31, 64521 Groß-Gerau (nähere Informationen s.u.)
Wir möchten Sie herzlich zur letzten Veranstaltung unserer Reihe “100 Jahre Wolgadeutsche Republik” am Dienstag, den 19. November 2024 um 18:00 Uhr in das Kulturcafé, Darmstädter Str. 31, 64521 Groß-Gerau einladen. Sie wird in Kooperation mit dem Kulturreferat für Russlanddeutsche sowie der Ortsgruppe Groß-Gerau der LMDR-Hessen e.V. organisiert.
Es erwartet Sie ein abwechslungsreiches Programm:
› Eröffnung und Begrüßung durch Natalie Paschenko, IDRH-Bildungsreferentin und Margarete Horst, Vorsitzende der OG Groß-Gerau der LMDR-Hessen e.V.
› Grußwort von Andreas Hofmeister, Beauftragter der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler
› Vortrag „Stalins blühender Garten. Verklärung und Wirklichkeit der Autonomen Republik der Wolgadeutschen” von Edwin Warkentin, Kulturreferent für Russlanddeutsche am Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte
› Videobeitrag zu Wolgadeutschen mit Natalie Paschenko
› Gedichtlesung von Werken wolgadeutscher Autoren mit Margarete Horst, Julia Puschkarski und Muriel Stafford
› Auftritt des Chores „Kammerton“ unter der Leitung der Musikpädagogin Lyubov Kamuff
› Gemütliches Beisammensein
Falls Sie Interesse an der Veranstaltung haben, können Sie sich per E-Mail bei unserer Ansprechpartnerin Natalie Paschenko anmelden: n.paschenko@idrh-hessen.de oder telefonisch/per WhatsApp bei Margarete Horst unter Tel. 0173 32 90 811. Sie stehen Ihnen ebenfalls für Fragen und Anmerkungen zur Verfügung.
Rückblick auf die Fortsetzung in Gießen
Am 2. November 2024 fand in der Evangelischen Stephanusgemeinde in Gießen der dritte Teil der Veranstaltungsreihe „100 Jahre Wolgadeutsche Republik“ statt. Organisiert wurde er in Zusammenarbeit mit dem Kulturreferat für Russlanddeutsche am Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte und der Ortsgruppe Gießen der LMDR-Hessen e.V.
Zu Beginn begrüßten Natalie Paschenko, Bildungsreferentin der IDRH, und Rosa Tugova, Vorsitzende der OG Gießen, die Gäste und eröffneten das Programm. Anschließend hörten wir bereits die erste musikalische Darbietung des Nachmittags vom Chor „Heimatklang“ unter der Leitung von Olga Kallasch. Sie trugen u.a. das emotionale Lied „Schön ist die Jugend“ vor, welches bei keiner Veranstaltung fehlen darf und ein Garant dafür ist, dass kein Auge trocken bleibt.
Es folgte eine Videogrußbotschaft von Andreas Hofmeister, Landesbeauftragter für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, der die Bedeutung der Erinnerungskultur unterstrich. Annette Wetekam, Vorsitzende des Ausschusses für Heimatvertriebene, Aussiedler, Flüchtlinge und Wiedergutmachung (UHW), richtete ebenfalls ein Grußwort an das Publikum und würdigte die Arbeit der russlanddeutschen Organisationen in Hessen. Danach griff Rudolf Felde nach seinem Akkordeon und lockte die Gäste von ihren Sitzen. Er sorgte für großartige Stimmung und animierte die Chormitglieder (und Gesangsinteressierten) zum Mitsingen.
Ein zentrales Element der Veranstaltung war der Vortrag von Edwin Warkentin, Kulturreferent für Russlanddeutsche am Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte. Unter dem Titel „Stalins blühender Garten. Verklärung und Wirklichkeit der Autonomen Republik der Wolgadeutschen“ gab Warkentin einen umfassenden Einblick in die Geschichte der Wolgadeutschen Republik und bot eine kritische Perspektive auf die historischen Ereignisse.
Musikalisch wurde das Programm durch einen Videobeitrag der Formation „Treffen am Schlagbaum“ ergänzt. Darin interpretieren Helena Goldt, Christina Lind und Olga Hellsing das Lied „1941“ und erinnern so an das schwere Schicksal der Russlanddeutschen im Jahr 1941.
Ein weiterer Programmpunkt war die Lesung von Gedichten wolgadeutscher Autoren, vorgetragen von Muriel Stafford. Sie präsentierte Werke von Rosa Pflug, Viktor Schnittke, Robert Weber und Wendelin Mangold.
Ein weiterer Programmpunkt war die Lesung von Gedichten wolgadeutscher Autoren, vorgetragen von Muriel Stafford. Sie präsentierte Werke von Rosa Pflug, Viktor Schnittke, Robert Weber und Wendelin Mangold. Für einen feierlichen Abschluss sorgte der Chor „Harmonie“ unter der Leitung von Rudolf Felde.
Wir haben uns sehr über einen besonderen Überraschungs- und Ehrengast im Publikum gefreut – Ministerpräsident a.D. Volker Bouffier. Fast 30 Jahre lang trug er in Hessen Regierungsverantwortung und hatte stets ein offenes Ohr für die Anliegen der Spätaussiedler und Heimatvertriebenen. Vielen Dank für Ihr Kommen, Herr Bouffier, wir freuen uns auf weitere Begegnungen!
Wir bedanken uns weiterhin herzlich bei Andreas Hofmeister und Annette Wetekam für die anerkennenden Grußworte. Vielen Dank an Rosa Tugova und den Landsleuten in Gießen für ihre Gastfreundschaft und die wunderbare Zusammenarbeit. Wir sind immer wieder gerne bei euch und nehmen jedes Mal einzigartige Erinnerungen mit. Danke ebenso an Edwin Warkentin für den wertvollen Input, welcher mit persönlichen Anekdoten besonders erlebbar wurde. Gleichfalls bedanken wir uns bei den Chören und Musikern, Muriel Stafford und der Formation „Treffen am Schlagbaum“ für die Bereitstellung des Lieds „1941“. Und natürlich – danke an das Publikum!
Rückblick auf die Fortsetzung in Kassel
Nach einem erfolgreichen Auftakt in Wiesbaden fand am 27. September 2024 die Fortsetzung unserer Veranstaltungsreihe „100 Jahre Wolgadeutsche Republik“ im Bürgersaal des Kasseler Rathauses statt. Sie wurde von unserer Bildungsreferentin Natalie Paschenko in Kooperation mit dem Bayrischen Kulturzentrum der Deutschen aus Russland (BKDR) sowie der Ortsgruppe Kassel der LMDR-Hessen e.V. organisiert.
Nach der Eröffnung und Begrüßung durch Natalie Paschenko und Svetlana Paschenko, Vorsitzende der Ortsgruppe Kassel der LmDR-Hessen e.V., begann das Programm mit einer Videobotschaft von Andreas Hofmeister, dem Beauftragten der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler. Es folgte ein Grußwort von Valentina Wudtke, Vorsitzende der Landesgruppe Bayern der LmDR e.V. und stellvertretende Vorsitzende des BKDR. Ihre Worte betonten die Wichtigkeit des kulturellen Erbes und der Erinnerung an die Geschichte der Wolgadeutschen.
Der Hauptvortrag des Abends, „Wolgadeutsche Republik und Deutschland: widersprüchliche und gefährliche Beziehungen“, wurde von Dr. Viktor Krieger, wissenschaftlicher Mitarbeiter des BKDR, gehalten. Mit tiefem Einblick in den komplexen und oft schmerzhaften historischen Ereignissen, stieß der Vortrag auf großes Interesse und führte zu einer lebhaften Diskussion mit dem Publikum. Ein weiteres Highlight des Programms war der Videobeitrag „Wer sind die Wolgadeutschen?“, präsentiert von Muriel Stafford, der die Geschichte und das Erbe der Wolgadeutschen anschaulich darstellte und einen umfassenden Überblick bot.
Musikalisch wurde die Veranstaltung durch den Auftritt von Alexander Grotov, einem Musiker des Staatsorchesters Kassel, an der Geige bereichert. Weitere musikalische Beiträge kamen vom Chor „Berjoska“ unter der Leitung von Sergej Schepetkov, dem Chor „Singende Frauen“ aus Korbach und der Gesangsgruppe „Gute Laune“. Diese Darbietungen verliehen der Veranstaltung eine besondere Atmosphäre und schufen einen festlichen Rahmen.
Den Abschluss bildete ein gemütliches Beisammensein, bei dem sich die Teilnehmer austauschen konnten. Wir bedanken uns herzlich bei allen Beteiligten für die tolle Veranstaltung! Maßgeblich dazu beigetragen haben Svetlana Paschenko und die Landsleute aus Kassel, bei denen wir uns stets willkommen fühlen. Vielen Dank an die Gäste aus Bayern, Valentina Wudtke und Dr. Viktor Krieger, für die gelungene Zusammenarbeit. Ein großes Dankeschön geht an all die Sängerinnen und Sänger der Chöre und Muriel Stafford für die tollen Auftritte. Und, selbstverständlich, tausend Dank an das wunderbare Publikum!
Rückblick auf den Auftakt in Wiesbaden
Die Auftaktveranstaltung der Reihe „100 Jahre Wolgadeutsche Republik“ fand am 14. September 2024 im Haus der Heimat in Wiesbaden statt und wurde zu einem bewegenden Start für diese historische Gedenkreihe. Organisiert in Kooperation mit der Ortsgruppe Wiesbaden der LMDR-Hessen e.V., lockte die Veranstaltung zahlreiche Interessierte an, die mehr über die Geschichte und Kultur der Wolgadeutschen erfahren wollten.
IDRH-Bildungsreferentin Natalie Paschenko eröffnete den Nachmittag mit einer Begrüßung und betonte die Bedeutung dieser Reihe zur Erinnerung an die wechselvolle Geschichte der Wolgadeutschen. Anschließend folgte ein herzliches Grußwort von Vera Maier, der Vorsitzenden der OG Wiesbaden der LMDR-Hessen e.V.
Der Autor Wendelin Mangold hielt einen Vortrag mit dem Titel „Die autonome Wolga-Republik als Höhepunkt der Russlanddeutschen“. Er skizzierte anschaulich die Gründung, die wirtschaftlichen und kulturellen Errungenschaften, aber auch die dramatischen Herausforderungen und schließlich das tragische Ende der Wolgadeutschen Republik im Jahr 1941. Zudem las er Auszüge aus seinen eigenen Werken.
Weiterhin schauten wir uns Folgen aus der Reihe „Die Geschichte der Russlanddeutschen“ an, ein KI-generierte Videoproduktion von @edik_meijin_aussiedler. Die Videos können alle auf seinem Instagram-Account abgerufen werden. Ebenfalls präsentiert wurde das kürzlich erschienene Musikvideo „1941“ von Helena Goldt, Olga Hellsing und Christina Lind, welches in voller Länge auf YouTube zu finden ist: https://youtu.be/VDOLFh6R7Fg?si=l5Nv5SqX2YoZf6xK. Dieser mediale Programmpunkt wurde mit Fotografien aus dem Privatarchiv von Vera Maier und Erzählungen über ihren eigenen familiären Hintergrund ergänzt.
Für die musikalische Umrahmung sorgten Niklas Schulz und das Vokalensemble „Harmonie“ unter der Leitung von Svetlana Zdorova mit traditionellen und modernen Stücken. Alexandra Kinez trug zum Abschluss das Gedicht „Unsere Großmütterchen“ vor.
Nach dem offiziellen Programm kamen die Besucher bei einem gemütlichen Beisammensein zusammen, um sich auszutauschen und die vielfältigen Eindrücke nachklingen zu lassen.
Die Reihe „100 Jahre Wolgadeutsche Republik“ hat somit erfolgreich begonnen und wir freuen uns auf die weiteren spannenden Veranstaltungen, die folgen werden. Wir bedanken uns herzlich bei Vera Maier und den engagierten Landsleuten in Wiesbaden für die Gastfreundschaft! Danke an Wendelin Mangold, der wie immer mit viel Humor und zahlreichen Anekdoten seinen Vortrag spickte. Vielen Dank an den Chor „Harmonie“, Niklas Schulz und Alexandra Kinez für die wunderbaren Darbietungen! Und das letzte Dankeschön – last but not least – geht stets an das tolle Publikum, das solche Veranstaltungen jedes Mal für uns unvergesslich macht.