Kriegsbeginn am 22. Juni 1941
Manchmal braucht es einen Blick zurück, um zu verstehen, warum das Heute und das Ich so sind, wie sie sind. Es müssen nicht unsere eigenen Erinnerungen sein, denn sie gehören wie ein kunstvoller Stein in ein Mosaik aus Lachen, Begegnungen, Trauer, Entscheidungen, …
Audio (ru): Lied über den Kriegsbeginn am 22. Juni 1941, Gesang und Instrument von Ella und Irina Haupt
Двадцать второго июня, / Am 22. Juni,
Ровно в четыре часа / Um Punkt 4 Uhr
Киев бомбили, нам объявили / Wurde Kiew bombardiert, es wurde angekündigt
Что началася война. / Dass der Krieg begonnen hatte.
Das Unternehmen Barbarossa war der Deckname des nationalsozialistischen Regimes für den Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941. Ohne Kriegserklärung griff die Wehrmacht auf breiter Front zwischen Ostsee und Schwarzem Meer an. Was folgte, war ein verlustreicher, grausamer Vernichtungskrieg: Bis Kriegsende im Mai 1945 verloren im deutsch-sowjetischen Krieg auf sowjetischer Seite insgesamt bis zu 27 Mio. Menschen ihr Leben (davon knapp die Hälfte Soldaten).
Zwei Monate nach Beginn des deutsch-sowjetischen Krieges veröffentlichte das Präsidium des Obersten Sowjets der Sowjetunion am 28. August 1941 den Erlass „Über die Übersiedlung der Deutschen, die in den Wolgarayons wohnen“. In diesem Erlass wurde den Deutschen in der Wolgarepublik Spionage und Kollaboration mit dem Kriegsgegner vorgeworfen. Für hunderttausende Russlanddeutsche bedeutete dies Deportation und Zwangsarbeit.
Mit unserem Projekt 80 Jahre Deportation. Wir erinnern uns. treten wir zurück und werfen einen Blick auf ein Geflecht von Erinnerungen. Auf dem Foto (hinten, mittig) zu sehen ist Alexander Haupt (*5. Februar 1937 in Krasnodar, † 9. März 2003 in Frankfurt am Main). Als Kleinkind gehörte er zu denjenigen, die in Viehwaggons Richtung Kasachstan deportiert wurden. Seine Mutter Maria Witke, zu dem Zeitpunkt bereits verwitwet, und seine zwei Tanten gaben ihm Halt. Für die kleine Familie folgte, wie für viele andere, ein knallharter Überlebenskampf. Jahre später führte das Schicksal das Mutter-Sohn-Gespann nach Taschkent in Usbekistan. Für Alexander endete die Reise dort jedoch nicht, sondern sie setzte sich 1993 in Frankfurt am Main fort. Begleitet wurde er diesmal selbst von einem Kleinkind. Seiner Enkelin.
Ella Haupt: Das ist die Cousine von meinem Mann. Hier, siehst Du unseren Opa? Ja? Das ist seine Cousine. Ihre Mütter sind Schwestern. Ihre Mutter ist Tante Emelie. Also…Und da ist der Mann und das sind die Kinder. Sie sind alle aus Krasnodar deportiert worden. Opa wohnte bei ihnen eine Zeit lang, als sie in Kasachstan angekommen waren. Und er war oft bei denen. Er machte seinen Führerschein bei ihnen oder so, er wohnte bei ihnen, bei der Cousine. Es war eine sehr schwere Zeit, war ein Haus aus Lehm, und des war schrecklich, wie kann man sagen, arm. War sehr arm. Und denen ihre Mutter war auch dabei schon, des Emelie. Und die [Cousine] heißt auch Emma. Die lebt noch, die beiden [das Ehepaar]. Die sind schon, wahrscheinlich so 87, die sind älter als ich. Die haben sieben Kinder. Die sind ein Jahr vielleicht älter, eh, früher gekommen als wir, so in ’90 wahrscheinlich. Die leben noch in Neuss und der Opa war mit dem Eugen bei denen zu Gast.
Folgt in Kürze.