Lesung mit Ida Häusser

Datum: 14.04.2021
Ort: Online

Mit dem Gedichtzyklus „In deinen Augen“ erzählt Ida Häusser ihre Geschichte und die der Russlanddeutschen in Form eines Bilderbuches für Erwachsene. Die Illustratorin Ingrid Braun ergänzt die Worte mit ausdrucksstarken Bildern.

Über ihre Motivation als Schriftstellerin sagt Ida Häusser:

1981, gleich bei der Übersiedlung nach Deutschland, meinte ich, alles aufholen zu müssen, was ich wegen meiner Herkunft als Russlanddeutsche aus Kasachstan eben nicht hatte. Abitur, Studium, Vollzeit-Job, Kinder, Hausbau. Atemlos manchmal, mit schwindeligem Kopf, Augen zu und durch. Bis der Körper rebellierte, bis nach dreißig Jahren die Zweifel kamen: War es das? Das ganze Leben im Dauerlauf, warum brauche ich dass, von wem habe ich es? Haben mich die Transparente der Kindheit so geprägt oder meine Herkunft, mein Elternhaus oder der Empfang in der Gesellschaft hier?

Und so habe ich mich freigemacht von den Zwängen des Berufs und bin losgegangen: Auf Bücher der Landsmannschaft über mein Volk, auf genealogische Datenbanken im Internet, auf Geschichtswälzer und alte Atlanten, zuletzt auf den Weg, auf den Spuren meiner Vorfahren. Ich habe viel gelernt dabei, über sie und über mich, über die Zeit damals und darüber, was große Entfernungen mit uns machen. Früher hatte ich meinen Ahnen Vorwürfe gemacht, hüben wie drüben, für das Anderssein, für das ewige Zwischen-den-Stühlen-Sitzen. Man versteht den anderen erst, wenn man in seine Schuhe schlüpft und losgeht. Sie wollten in der Ferne eine neue Heimat schaffen, in der alles genauso ist, wie daheim. Dabei verändern wir uns schon, wenn wir nach einem Tagesausflug nach Hause kommen.

Der Weg führte mich entlang der Donau bis zum Delta, nach Odessa und Kleinliebental, das Dorf meiner Eltern, ins Elsass und nach Baden, woher meine Vorfahren stammen, nach Polen in den ehemaligen Warthegau und nach Brandenburg, wohin es meine Großeltern im Krieg verschlug. Ich befragte meine Verwandten und schlug wieder in Geschichtsbüchern nach, doch das, was meine Familie erlebte, kam nirgends vor. Jetzt müsste ich nur noch das Gelernte in Worte fassen, aber sie reichen nicht. Und wieder muss ich lernen – zu schreiben. Die ersten Geschichten aus dem Besuch der VHS-Kurse für Autobiografisches Schreiben veröffentlichte ich in dem Band „MEINS! Erzählungen über eine Kindheit im Norden Kasachstans“. Andere Buchprojekte sind in Planung, vielleicht auch ein Reisebericht über meine Spurensuche.“

Wir freuen uns darauf, Auszüge aus dem Werk zu hören und mit Ida Häusser über ihre biografischen Wendepunkte zu sprechen!

  • Keine Anmeldung erforderlich. Besuchen Sie einfach zu Veranstaltungsbeginn unsere Facebook-Seite.

  • Ida Häusser wurde 1962 als Russlanddeutsche in Kasachstan geboren und ist auch dort aufgewachsen. Die Familie gehörte zu den Andersdenkenden und konnte bereits 1981 nach Deutschland übersiedeln. Die Leidenschaft fürs Schreiben entdeckte sie erst spät, mit knapp 50 Jahren. Seitdem widmet sie sich der Aufarbeitung ihrer Familiengeschichte.
  • Mit der Teilnahme erklären Sie sich einverstanden, dass die Interessengemeinschaft der Deutschen aus Russland in Hessen gGmbH Foto- und Filmaufnahmen im Zusammenhang mit der Veranstaltung zeitlich unbegrenzt für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit nutzen darf sowie zu Dokumentationszwecken für den Zuwendungsgeber.

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