Pressemitteilung des HMdIS zum Härtefallfonds
Von der Bundesregierung auf den Weg gebrachter Härtefallfonds zur Abmilderung von Rentennachteilen bei Spätaussiedlern kann nicht zufriedenstellen
Anträge auf 2.500 Euro Einmalzahlung können ab sofort eingereicht werden
Wiesbaden. Von der Bundesregierung wurden am 18. November 2022 die rechtlichen Grundlagen für die Abmilderung von Härtefällen bei der Ost-West-Rentenüberleitung, für jüdische Kontingentflüchtlinge und Spätaussiedler geschaffen. Dafür soll eine Stiftung errichtet werden, in die der Bund entgegen der ursprünglichen Pläne in Höhe 1 Milliarde Euro nunmehr nur 500 Millionen Euro einzahlt. Vorgesehen ist eine Einmalzahlung in Höhe von 2.500 Euro aus dem Stiftungsvermögen an Betroffene, die bis zum 30. September 2023 beantragt werden muss. Die Leistung wird nur auf Antrag gewährt von Personen, die am 1. Januar 2021 einen monatlichen Rentenzahlbetrag von insgesamt unter 830 Euro (nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) beziehen.
Landesbeauftragte Margarete Ziegler-Raschdorf bewertet die Summe von 2.500 Euro Einmalzahlung als mehr als bescheidenen Betrag angesichts der ursprünglichen Überlegungen von 5.000 bis 10.000 Euro Einmalzahlung. Auf Wunsch des Bundes können die Länder der Stiftung bei entsprechender finanzieller Beteiligung bis 31. März 2023 beitreten und die Einmalzahlung von 2.500 Euro auf 5.000 Euro verdoppeln. Die Abwicklung soll 2023 abgeschlossen sein.
Zu den Bedingungen im Einzelnen siehe Pressemitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 18. November 2022 „Härtefallfonds auf den Weg gebracht“ und das dazugehörige Eckpunktepapier. Am 17. Januar 2023 hat das BMAS zudem darüber informiert, dass ab sofort Gelder aus dem Härtefallfonds beantragt werden können, siehe „Härtefallfonds: Antragsformulare liegen vor und sind online verfügbar“.
Für Spätaussiedler und Aussiedler muss die Reaktion auf diesen erst kurz vor dem letztmöglichen Zeitpunkt von der Bundesregierung gefassten Beschluss gemischt ausfallen. Landesbeauftragte Ziegler-Raschdorf fasst es so zusammen: „Eine Verbesserung der schmalen Rente von Spätaussiedlern ist grundsätzlich zu begrüßen, allerdings hat die Härtefall-Regelung gleich mehrere gravierende Schwachstellen: die vor dem 31.12.1992 in die Bundesrepublik übergesiedelten Aussiedler sollen von der Regelung nicht profitieren, obwohl sie die älteren und gleichfalls von Altersarmut Betroffenen sind. Lediglich Spätaussiedler, die nach dem 1.1.1993 und vor dem 01.04.2012 als Spätaussiedler nach Deutschland gekommen sind und bei Einreise das 50. Lebensjahr vollendet hatten, sollen für die Regelung infrage kommen. Für die beiden anderen vom Härtefallfonds begünstigten Gruppen der DDR-Rentner und der jüdischen Kontingentflüchtlinge gilt eine Altersgrenze bei Einreise von 40 Jahren. Dadurch profitieren bei diesen Gruppen deutlich mehr Betroffene von der Regelung. Um den Personenkreis der Begünstigten in etwa gleich groß zu definieren, wurden auf diese Weise unterschiedliche und willkürliche Bedingungen konstruiert, die nur zu Unmut und Enttäuschung führen können. So ist der Härtefallfonds von Anfang an eine unzulängliche Konstruktion, die in keiner Weise zufriedenstellen kann.“
Mit den in den 90-er Jahren erfolgten Änderungen im Fremdrentenrecht wurden die Renten von Spätaussiedlern unabhängig von Ausbildung und Erwerbsbiografie jeweils auf das Existenzminimum gedeckelt und vereinheitlicht. Die Fremdrenten der Spätaussiedler bewegen sich in Höhe des Grundsicherungsniveaus, so dass für Spätaussiedler Rente gleich Altersarmut bedeutet. Nachdem sich die Ostrenten über die Jahre Stück für Stück an das Westrenten-Niveau angenähert haben, sind sie bei Spätaussiedlern nicht angewachsen. Die auf diese Weise gesetzlich fixierten Niedrigrenten der Spätaussiedler harren nach wie vor einer Anhebung, die der Gerechtigkeit und dem sozialen Frieden dient und die Ausbildung und Berufsbiografie berücksichtigt. Über zwei Jahrzehnte wurde diese Reform des Fremdrentengesetzes versäumt und sollte dringend angepackt werden. Mit einer Einmalzahlung von lediglich 2.500 Euro ist das Problem der Rentenungerechtigkeit und der beschämenden Altersarmut nicht aus der Welt zu schaffen, sondern harrt weiterhin einer grundsätzlichen Lösung.
Nunmehr ist der Härtefallfonds auf den Weg gebracht und jedem Spätaussiedler, der unter die Kriterien fällt, ist zu raten, den Antrag auf die Einmalzahlung zügig bei der Geschäftsstelle der Stiftung Härtefallfonds, 44781 Bochum, zu stellen. Die Antragsfrist endet bereits am 30. September 2023. Anträge von Personen, die die engen Kriterien nicht erfüllen, haben keine Erfolgschance und werden abgelehnt. Von einer Antragstellung ist in diesen Fällen abzuraten.
Die Härtefallregelung kann ab sofort in Anspruch genommen und die Einmalzahlung aus dem Härtefallfonds über dieses Formular beantragt werden.
Wenn, wie vom Bund gewünscht, die Länder beim Härtefallfonds mitwirken und sich daran beteiligen sollen, braucht es auf Seiten der Länder die Kenntnis über die jeweiligen Zahlen. Aktuell laufen In den Ländern die Haushaltsberatungen oder sind bereits abgeschlossen; entsprechende Mittel müssten aber in die Landeshaushalte eingestellt werden. Landesbeauftragte Ziegler-Raschdorf ist der Meinung: „dies wird bis zum 31. März 2023 nicht funktionieren. Es ist ein Lösungsvorschlag, der haushalterisch nicht umgesetzt werden kann. Das Ziel einer Länderbeteiligung ist damit kaum zu erreichen. Wenn die Bundesregierung ein Interesse an einer Beteiligung der Länder hat, so ist pro Bundesland die Errechnung und Kenntnisgabe der Kosten erforderlich, die auf jedes Bundesland zukommen. Diese Recherche ist für die Bundesländer selbst nicht zu leisten, da die Zahlen vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales nicht bekanntgeben werden. Um für das Land Hessen eine Beteiligung am Härtefallfonds diskutieren zu können, bedarf es abgesehen von der operativen haushalterischen Machbarkeit einer verlässlichen Angabe zur finanziellen Größenordnung“.