Familie Scharf

Datum: 20.09.2021
Ort: o.A.

Andreas Scharf und seine Ehefrau Eva (geb. Tell) wurden mit ihren vier Kindern in Viehwaggons von Freifeld, Region Krasnodarski (Nordkaukasus) nach Gramatucha, Gebiet Kemerovski (Sibirien) zwangsumgesiedelt. Angekommen im bitterkalten Winter Sibiriens, ohne Nahrungsmittel und ohne Bleibe, hoben sie eine Erdhütte aus. Um zu überleben, arbeiteten sie gemeinsam mit den minderjährigen Kindern auf der Kolchose. Als Lohn gab es für ihre Arbeit nur karges Essen. Sie alle standen unter Kommandantur und durften sich nicht frei bewegen.

Tochter Eva Scharf (geb. 1951) teilt mit uns ein Stück aus der Biografie ihrer Eltern. „Mein Vater war Schmied von Beruf. Am 04.02.1942 wurde er in ein Arbeitslager mobilisiert. Als Schmied hat er beim Aufbau der metallurgischen Betriebe im Ural und in Saporoshje gearbeitet. Die Unterkünfte waren kalte Baracken hinter Stacheldraht. Er befand sich unter ständiger bewaffneter Überwachung“, berichtet Eva. Kälte und mangelhafte Ernährung verschlechterten seine gesundheitliche Situation und er erkrankte schwer an Skorbut. „Er war kaum noch am Leben. Ihm fielen alle Zähne aus und er bekam Magengeschwüre“, beschreibt Eva seinen Zustand.

Im Jahr 1947 wurde er aus dem Lager entlassen und kehrte zu seiner Familie zurück. Bis April 1956 standen sie noch unter permanenter Bewachung. „Schließlich bauten sie sich ein Häuschen und der Vater arbeitete weiter als Schmied“. Auch die Mutter hatte mit ihrer Gesundheit zu kämpfen und erkrankte an Tuberkulose.

Andreas Scharf starb am 11.12.1969 im Alter von 59 Jahren in Russland, Mutter Eva Scharf am 01.12.1974 im Alter von 68 Jahren. Auch die älteren Kinder, die die schreckliche Zeit überlebt hatten, sind früh gestorben. Doch trotz der zahlreichen Widrigkeiten und der beschwerlichen, viel zu kurzen Lebensreise des Paares Scharf, zogen sie weite Kreise bis in die Gegenwart: „Ich habe ausgerechnet, dass meinen Eltern schon die fünfte Generation folgt mit 112 Personen: erste Generation – 6 Kinder, zweite – 16 Enkel, dritte – 41 Urenkel, vierte – 45 Ururenkel, fünfte – 4 Urururenkel“.

  • Foto 1: Andreas (* 09.01.1910; † 11.12.1969) und Eva Scharf (* 10.09.1906; † 01.12.1974), Anfang der 60er-Jahre

  • Foto 2: Das erste Treffen der Eltern Andreas und Eva mit Tante Christina nach der Kriegszeit im Jahr 1957.

    Vorne sitzend von links nach rechts: Tante Christina und Tochter Eva (geb. 1951), Vater Andreas und Bruder Waldemar (geb. 1949), Mutter Eva und Enkelin Valentina (geb. 1956, Kind von der Tochter Olga).

    Hinten stehend von links nach rechts: Schwiegertochter Otilia (geb. 1927, Ehefrau des älteres Sohnes Friedrich, geb. 1927), Schwiegersohn Gottfried (geb. 1930, Ehemann der Tochter Olga), Tochter Olga (geb. 1932).

     

  • Foto 3: Das ist das letzte Foto von den Eltern (1968). Vorne sitzend Vater Andreas Scharf und Mutter Eva Scharf, hinten stehend ihre Schwester Christina Vorrath.
  • Foto 4/5: Rehabilitationsbescheinigung (RU/DEU)

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