Multiplikatorenseminar in Berlin
Berlin ist wie kaum eine andere Stadt mit der Geschichte des Zweiten Weltkriegs und seinen Folgen verbunden. In unserem Multiplikatorenseminar mit dem Titel „80 Jahre Kriegsende – Spurensuche in Berlin“ setzen wir uns an zentralen historischen Orten mit Fragen von Krieg, Widerstand, Erinnerung und demokratischer Entwicklung auseinander. Im Mittelpunkt stehen dabei sowohl politische Bildungsinhalte als auch persönliche und biografische Zugänge.
Das Seminar richtet sich an erwachsene Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler sowie an interessierte Seniorinnen und Senioren. Ziel ist es, historisches Wissen mit aktuellem gesellschaftlichem Engagement zu verknüpfen.
Dies ist eine Veranstaltung des Referats Soziales, Familie und Senioren der IDRH gGmbH und wird gefördert durch das Hessische Ministerium des Innern, für Sicherheit und Heimatschutz.
Über das Programm
Wir beginnen das Seminar im Reichstagsgebäude. Dieser Ort gilt als Symbol der deutschen Demokratie und vereint zahlreiche Wendepunkte der deutschen Geschichte. Bei einer Führung setzen wir uns mit der Entwicklung des Gebäudes seit seiner Eröffnung im Jahr 1894 auseinander. Anhand der Biografien von Philipp Scheidemann, Paul Löbe und Otto Wels erschließen wir die politische Bedeutung des Parlaments in verschiedenen Epochen. Der Besuch der Glaskuppel und der Dachterrasse bietet einen eindrucksvollen Blick über Berlin und veranschaulicht die Idee politischer Transparenz.
Im Anschluss lernen wir die Struktur und Arbeitsweise des heutigen Bundestags kennen. Dabei stehen Fragen der politischen Teilhabe im Mittelpunkt. Besonders diskutieren wir, wie die Anzahl russlanddeutscher Abgeordneter im Parlament erhöht werden könnte und welche Schritte zu mehr Repräsentanz führen können.
Ein thematisch gestalteter Stadtrundgang mit dem Referenten Eckhard Scheld führt uns unter anderem zum Potsdamer Platz, zum Holocaust-Mahnmal, zum Brandenburger Tor und zur Gertrud-Kolmar-Straße, unter der sich der ehemalige Standort des sogenannten „Führerbunkers“ befindet.
Ein zentrales Thema des Seminars ist der Widerstand gegen den Nationalsozialismus. In der Gedenkstätte Deutscher Widerstand im Bendlerblock beschäftigen wir uns mit unterschiedlichen Formen zivilen und politischen Widerstands. In einem vertiefenden Vortrag werden unter anderem die Biografien von Alexander Schmorell, Mitglied der Weißen Rose, und Liane Berkowitz, die der Widerstandsgruppe Rote Kapelle angehörte, vorgestellt. Beide hatten einen familiären Bezug zu Russland. Gemeinsam mit dem Referenten analysieren wir die Motive und Risiken, die mit dem Widerstand verbunden waren, und diskutieren die Bedeutung zivilcouragierten Handelns für unsere Gegenwart.
Weiterhin gehört zum Programm ein Besuch des Deutsch-Russischen Museums in Berlin-Karlshorst. Dort wurde am 8. Mai 1945 die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht unterzeichnet – ein historischer Wendepunkt, der das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa markiert. Im Rahmen einer Führung durch die Dauerausstellung erhalten wir Einblicke in den Verlauf des Krieges aus deutscher und sowjetischer Perspektive. Ergänzt wird der Besuch durch den Vortrag „80 Jahre Kriegsende“, der zentrale Entwicklungen nachzeichnet und zur Auseinandersetzung mit Geschichtsbildern und historischen Deutungen einlädt.
Im Treptower Park befassen wir uns mit der sowjetischen Erinnerungskultur. Eine historisch-kritische Führung fragt nach dem historischen Hintergrund der Monumente und ihrer Wirkung auf das kollektive Gedächtnis. Dabei geht es auch um die Propagandafunktion sowjetischer Symbolik und ihre Rezeption durch Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler.
Weitere Stationen des Seminars sind die Blindenwerkstatt Otto Weidt, ein authentischer Ort des stillen Widerstands im Alltag. Abschließend begeben wir uns auf eine Spurensuche im Stadtraum Berlin-Mitte. An Orten wie dem Bahnhof Friedrichstraße, dem Hackeschen Markt, dem Alexanderplatz, dem Humboldt Forum, dem Berliner Dom und der St.-Marien-Kirche reflektieren wir die russlanddeutsche Geschichte im Spiegel urbaner Erinnerungsräume.
Über den Referenten
Unser Referent ist Eckhard Scheld, StD. a.D. Er war fast vier Jahrzehnte als Lehrer für Deutsch und Politik an Gymnasien in Niedersachsen und Hessen tätig. Mehr als 20 Jahre lang leitete er als Studiendirektor an der Wilhelm-von-Oranien-Schule in Dillenburg den gesellschaftswissenschaftlichen Fachbereich mit den Fächern Geschichte, Politik und Wirtschaft, Ethik, Erdkunde sowie evangelischer und katholischer Religion.
Sein besonderes Engagement galt der historisch-politischen Bildungsarbeit mit dem Fokus auf Mittel- und Osteuropa. Über viele Jahre war er aktives Mitglied im Pädagogischen Arbeitskreis Mittel- und Osteuropa, organisierte Studienfahrten, entwickelte pädagogische Konzepte und hielt zahlreiche Vorträge.
Im Ruhestand blieb er weiterhin der politischen Bildung verbunden. In Zusammenarbeit mit der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung betreute er Schülerwettbewerbe und begleitete Bildungsfahrten. Zuletzt wirkte er an der Konzeption der Gedenkstätte Notaufnahmelager Gießen mit, die 2025 eröffnet wurde.
Für sein langjähriges Engagement in der Bildungsarbeit mit russlanddeutschem Schwerpunkt wurde Eckhard Scheld mehrfach ausgezeichnet. Im Jahr 2009 erhielt er die Goldene Ehrennadel der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland. 2011 wurde ihm auf dem Hessentag in Frankfurt der Preis „Flucht, Vertreibung, Eingliederung“ verliehen.
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